1. Klasse Rechnen lernen
Ohne Lesen und Schreiben könnte man leben und über viele Jahrhunderte haben Menschen gut gelebt, ohne Lesen und Schreiben zu können.
Der Umgang mit Zahlen, Größen (Gewichte, Geld…) und Formen und das Rechnen geschieht im Alltag häufig, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
Wir zählen Minuten, Stunden, Tage, Jahre, wir zählen die Teller und die Messer für den Abendbrottisch, wir zählen Münzen ab, wir zählen die eingekauften Äpfel oder die Eier im Kühlschrank usw.
Wir rechnen, wie viel Geld wir haben, wenn wir unterschiedliche Münzen und Geldscheine haben. Wir rechnen, was dies und jenes kostet und ob wir genug Geld dabei haben. Dafür brauchen wir Addition (Plus) und Subtraktion (Minus). Wenn ich jede Woche 3 Euro von der Oma bekomme und diese spare, wie viel Geld habe ich dann in 5 oder 10 Wochen? Wenn in einem Netz 8 Orangen sind, wie viele haben wir dann, wenn wir 2 oder 3 Netze kaufen? Wenn wir für den Kindergeburtstag für 12 Kinder Mohrenköpfe brauchen und in einer Packung sind 8 Mohrenköpfe – wie viele Packungen müssen wir dann kaufen? Wenn ich jeden Tag 5 Englischvokabeln lerne, wie viele kenne ich dann in einer Woche, in 3 Wochen….? Wenn jedes Familienmitglied 2 Brötchen essen will, wie viele muss ich dann einkaufen? usw. Dafür brauchen wir Multiplikation (Mal) und Division (Geteilt).
Wenn wir unser Zimmer tapezieren wollen, wird es komplizierter. Wir brauchen die Höhe des Raumes und die Breite der Tapete und die Länge der Rolle. Wir müssen die Wände des Raumes abmessen und durch die Breite der Tapete teilen usw. usw.
Wenn wir einen Kuchen backen wollen, müssen wir wiegen und messen: g, kg, l, ml …. Wenn wir gleich den doppelten oder dreifachen Teig machen wollen, müssen wir alles multiplizieren.
Wenn wir die Möbel im Kinderzimmer verstellen wollen, müssen wir ausmessen, ob sie auch an einer anderen Stelle Platz haben: m, cm, mm.
Oder in der Oberstufe: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass dies oder jenes geschieht?
Es gibt unzählige weitere Beispiele aus dem Alltag und mit etwas Aufmerksamkeit und Kreativität erkennen wir diese und finden neue Beispiele.
Auf allen Niveaustufen beinhaltet das alltägliche Leben soviel Mathematik!
Und doch wird in der Schule Rechnen bzw. Mathematik als etwas Abstraktes behandelt. Das Abstrakte ist, dass die Ziffer 5 eine Menge von 5 Gegenständen, Stunden, Jahren, Kilogramm, Meter o.ä. bezeichnet. In der Schule zählt man, schreibt Ziffern und rechnet. Schließlich kommen die ungeliebten „Textaufgaben“ oder „Sachaufgaben“, in denen die gelernte Rechenoperation dann angewendet werden muss.
Im Homeschooling haben wir den enormen Vorteil, dass wir mit den Aufgaben, die das alltägliche Leben stellt, rechnen können. Die in der Schule so ungeliebten „Sachaufgaben“ oder „Textaufgaben“ werden dadurch ganz lebendig und vor allem persönlich: ICH kaufe dies und mache das.
Wir können Sachaufgaben aus dem persönlichen Interessensbereich unseres Kindes stellen.
Und natürlich brauchen wir dafür einige Grundlagen, die wir uns dazu erarbeiten.
Rechnen in der Grundschule
Die Zahl 6 z.B. ist:
- eine Zahl in einer Zahlenfolge 1, 2, 3, 4, 5, 6
- eine Menge (z.B. 6 Äpfel)
- eine Anordnung (z.B. auf einem Würfel die Anordnung der sechs Punkte)
- die geschriebene Ziffer 6
- eine Uhrzeit: 6 Uhr
- ein Maß: 6 Meter, 6 kg, 6 Euro, 6 Liter, 6 Stunden
Grundlagen und Voraussetzungen:
Ordnen:
Rechnen hat viel mit Odnen zu tun (was nicht gleichbedeutend ist mit „ordentlich sein“!): Wir betrachten Merkmale und unterscheiden. Wir ordnen das Besteck in die entsprechenden Fächer: die Messer zu den Messern…. Wir ordnen die Matchbox-Autos, Perlen… nach Farben, nach der Größe oder nach anderen Kriterien (Perlen mit Loch/ohne Loch…). Die Kinder können sich auch selbst Kriterien ausdenken.
Dabei lernt man, genau zu beobachten, Kriterien zu erkennen und neue Kriterien zu finden und Dinge zuzuordnen.
All das können wir mit konkreten Gegenständen machen und es ist viel anschaulicher als auf einem Arbeitsblatt.
Dann können wir die Mengen vergleichen (schätzen, zählen): Wovon haben wir mehr? Welche Menge ist größer bzw. kleiner? Sind es gleich viele, sind die Mengen also gleich groß?
1:1-Zuordnung
Eine besondere Zuordnung ist die 1:1-Zuordnung. Das bedeutet, zu jedem Gegenstand gehört EIN anderer Gegenstand: Also jedes Kind bekommt ein
Geschenk usw.
Ein wunderbares Beispiel aus dem Alltag ist das Tisch-decken: Wir legen zu jedem Teller ein Messer, eine Gabel und eine Serviette, stellen ein Glas dazu usw. Das ist eine perfekte alltägliche praktische Rechenübung für jüngere Kinder.
Zählen
Bevor wir mit dem Rechnen beginnen, zählen wir. Wir zählen Schritte, wir zählen die Äpfel im Obstkorb, unsere Spielzeugautos, die Centstücke in Mamas
Sammeldose, die Salatköpfe im Beet …
Wir können alles zählen, was wir um uns herum sehen. Dabei genügt es am Anfang, wenn die Kinder bis 10 oder bis 20 zählen können.
Spielerisch merken wir dabei, dass jede Zahl einen Vorgänger und einen Nachfolger hat: „19 … und 20!“ Auf Arbeitsblättern steht dann: _ 20 _
Wir können auch mal spielerisch rückwärts zählen, z.B. die Sekunden, bis wir losrennen o.ä.
Zahlanordnungen
Wir sehen, dass die Zahlen auf dem Meter-Maßstab nebeneinanderstehen wie auf einem Zahlenstrahl. Alle Zahlen sind gleichberechtigt und es gibt keine
Zehnerübergänge oder Hunderterübergänge.
Es gibt aber auch andere Anordnungen wie z.B. das Hunderterfeld. Dabei sehen wir, dass immer nur 10 Felder in einer Reihe stehen.
Wir können die Zahlen auf dem Hunderterfeld zählen.
Ordnungszahlen
Neben den Kardinalzahlen 1, 2, 3 … gibt es die Ordnungszahlen 1., 2., 3., …
Wer ist Erster beim Rennen, Schwimmen, Aufräumen, Anziehen, Ausziehen usw.? Wer ist Zweiter und wer Dritter? Wer ist Letzter und wer ist vorletzter?
Wir können Listen von Olympiasiegern ansehen oder andere Listen, je nach Interesse.
Menge auf einen Blick erfassen
In der 1. Klasse lernen die Kinder die Zahlen schreiben und einer Menge zuordnen.
Mengen bis 6 können wir normalerweise auf einen Blick erfassen. Die Würfelbilder können uns dabei helfen. Kinder mit Schwierigkeiten bei der Mengenerfassung
können dies daher mit Gesellschaftsspielen wie Mensch ärgere dich nicht u.ä. üben: Ich würfle die Zahl 5 und gehe 5 Schritte. Wenn wir dabei bis 5 zählen, üben wir immer wieder die Verbindung von Zählen und Menge.
Wir können uns aber auch mal einen Spaß daraus machen und diese kleinen Mengen verschiedenartig anordnen: Wer findet die meisten Möglichkeiten, 5 Punkte (die Menge 5) anzuordnen?
Als erstes lernen wir also die Zahlen von 1 bis 6 und erfassen die Menge auf einen Blick.
Rechnen mit der Zehnerkette
Zahlen sind etwas sehr Abstraktes.
Materialien können bei der Veranschaulichung helfen. Alle Kinder, die bei mir das Rechnen gelernt haben, bekamen deshalb eine Zehnerkette und später (wenn es
diesen Zahlenraum erfasst hat) eine Zwanziger-Kette.
Die Perlen habe ich beim idee-Creativmarkt gekauft und auf eine Schnur gefädelt.
Die Zehnerkette: Das Kind kann die Mengen einzeln abzählen; wenn es schon ein Bild von einer Menge hat, kann es beim Rechnen gleich mehrere Perlen hin-
und herschieben. Jeweils 5 Perlen haben dieselbe Farbe, da man bis zu 5 Perlen auf einmal erfassen kann.
Natürlich kann das Kind auch mit den Fingern rechnen. Wenn es mit einer Hand schreiben möchte, ist es halt schwieriger.
Die Zwanzigerkette zeigt, dass wir innerhalb eines Zehners rechnen können: 16+2 geht genauso wie das schon bekannte 6+2.
Außerdem hilft sie beim Zehnerübergang, der für viele Kinder erst einmal schwierig ist.
Rechenschieber:
Zum Rechnen bis 100 kann man einen Rechenschieber verwenden – am besten auch mit farblicher Unterteilung ab 5.
Damit kann das Kind wunderbar erleben, dass das Rechnen innerhalb eines Zehners immer gleich geht, ebenso wie der Zehnerübergang.